Jeebesh Bagchi, * 1965; Monica Narula, * 1969; Shuddhabrata Sengupta, * 1968; leben und arbeiten in Neu-Delhi (IN)
Escapement, 2009
Die Künstlergruppe Raqs Media Collective arbeitet seit 1992 in Neu-Delhi und ist Mitbegründerin der 2001 etablierten Forschungsplattform Sarai. Ausgehend von der Dokumentarfilmpraxis, arbeiten die drei KünstlerInnen heute mit so unterschiedlichen Medien wie Fotografie, Installation, Video, Performance oder Bild-Text-Collagen sowie als KuratorenInnen. Ein Thema, das sie in vielen ihrer Arbeiten beschäftigt, ist Zeit und Zeitgenossenschaft angesichts der Informationstechnologien der digitalen Ära, die Zeit und Raum scheinbar zusammenfließen lassen. Die Installation Escapement besteht aus 27 Uhren, die Städte unterschiedlicher Zeitzonen repräsentieren und so eine Weltkarte schaffen. Drei der Uhren stehen für fiktive Städte wie etwa Macondo oder Babel. Statt wie üblicherweise auf Zahlen verweisen die Uhrzeiger auf Worte wie epiphany (Offenbarung), anxiety (Sorge), guilt (Schuld), fatigue (Erschöpfung) oder fear (Angst), das heißt auf komplexe emotionale Befindlichkeiten, die für alle Menschen, unabhängig von ihrer geografischen und zeitlichen Verortung, gleich sind. Unterstützt wird die Wirkung der Installation durch das Erklingen von Herzschlägen und anderen vertrauten Geräuschen aus dem Kommunikationsalltag sowie durch ein Video, in dem das ausdruckslose Antlitz eines jungen Menschen zu sehen ist. Escapement ist der englische Begriff für den mechanischen Ablauf der Zeit in einer Uhr und das Voranschreiten der Sekunden. In diesem Begriff steckt die Fluchtbewegung der Zeit, die „entweicht“ (escapes), während sie gemessen wird. Die Erfindung der Uhren hat das Intervall zwischen dem „Jetzt“ und dem „Davor“ verstärkt. Zugleich leben wir im Raster verschiedener Längen- und Breitengrade, in denen die Weltzeit gemessen wird. Aber auch dort, wo die Uhren die gleiche Zeit anzeigen, wie in London und Lagos, nur weil sie auf demselben Längengrad liegen, bedeutet dies nicht das gleiche Zeitgefühl. Vielmehr sind wir eher „Zeitgenossen anderer Zeiten und Räume“. Deswegen „sind wir auch im Zustand eines permanenten Jetlags, wodurch wir leicht außer Atem kommen und aus der Zeit herausfallen. Zeitgenossenschaft birgt in sich die Gleichzeitigkeit ganz verschiedener Lebensformen.“ (AMB)
Escapement, 2009
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