* 1968 in Göttingen (DE), lebt in Berlin (DE) und New York (US)
The China Painters, 2007–2008
In der chinesischen Gemeinde Dafen ist das Kopieren von Gemälden zu einem eigenen Wirtschaftszweig geworden; mit Millionen produzierter Gemälde bestreitet der Ort einen Großteil der weltweiten Malereiproduktion, auch wenn sich dies nur in privaten Wohnzimmern niederschlägt und nicht auf Biennalen und dem Kunstmarkt der großen Auktionshäuser. Ein Ort, der gänzlich der Kunst gewidmet ist, braucht natürlich auch ein Museum, und ein ebensolches wurde in Dafen gebaut – selbst wenn dort nicht die kopierten Raffaels und Wang Guangyis hängen werden, die sich in den Läden der Stadt erwerben lassen.
Für sein Projekt The China Painters nutzte Christian Jankowski diese sonderbare Situation eines Ortes des Sammelns am Ort des Kopierens. Anstelle der üblichen künstlerischen Vorlagen gab er in den Studios von Dafen Reproduktionen von Fotografien in Auftrag, auf denen die noch unbespielten Räume des Museumsrohbaus abgebildet waren – mit der zusätzlichen Auflage, an die leeren Wände diejenigen Bilder zu malen, die der Ansicht der Malerinnen und Maler nach dort hängen sollten. In dem so entstandenen imaginären Museum treffen Familienfotos und sozialistisch-realistische Propaganda auf europäische Historienmalerei, die die oft klassisch ausgebildeten Künstlerinnen und Künstler im Studium als Kanon vermittelt bekamen; zwischen Sichtbeton und Baugerüsten zeigt sich, dass die Frage danach, was ins Museum gehört, nur mittels einer permanenten Baustelle zu beantworten ist. (JB)
Kunstmarkt TV, 2008
Im Kapitalismus ist alles zugleich Ware und Mythos: Jedes Ding muss sowohl in Geldwert umgewandelt werden können als auch ein Darüberhinaus bieten, das als ein Versprechen von Glück, Sicherheit oder Erfolg direkt an unser Gefühl appelliert. Dieser innere Zwist der Dinge, gleichzeitig (aus)tauschbar und einzigartig sein zu müssen, ist in der zeitgenössischen Kunst besonders dramatisch. Künstlerische Arbeiten haben ideelle Bedeutungen, die sich nur in einem filigranen und oft flüchtigen Netz aus ästhetischen, politischen und kunsthistorischen Verweisen erschließen; sie haben aber auch einen Marktwert, der ihnen oft anhand ebenso flüchtiger und vielleicht zufälliger Moden und Personalien verliehen wird.
Bedeutung und Marktwert von Kunst erscheinen so zwei Welten zugehörig, zwischen denen das Kunstwerk wie ein Doppelagent hin- und herspringt. In Christian Jankowskis Kunstmarkt TV tritt die Absurdität dieses Systems zutage: Für die Kunstmesse Art Cologne 2008 engagierte der Künstler Verkaufsprofis, um Kunst live an das zahlende (Fernseh-)Publikum zu bringen. Die Verlagerung des Kunsthandels in das „Low-Culture“-Format des Teleshoppings wirkt zuerst scherzhaft – wenn aber John Dahlke und Khadra Sufi wahllos Materialwerte, Künstlerbiografien oder ihre eigenen Empfindungen bei der Kunstbetrachtung als Verkaufsargumente heranziehen, scheint sich dabei nur die Rhetorik von derjenigen des „wirklichen“ Kunstsystems zu unterscheiden – und hinterlässt jedoch die unangenehme Frage, ob sich das „Besondere“ am Kunstobjekt als Ware überhaupt allzu sehr von dem „Besonderen“ eines Staubsaugers oder Akkuschraubersatzes unterscheidet. (JB)