ZKM | Museum für Neue Kunst, 17.09.2011 – 05.02.2012
 
Kader Attia
* 1970 Dugny (FR), lebt und arbeitet in Berlin (DE)


Untitled (Plastic Bags), 2008–2011

In Kader Attias jüngster Arbeit Untitled (Plastic Bags) wird die Plastiktüte zum Stoff, aus dem die Träume sind. Am Ende jedes Einkaufs stand jahrzehntelang nahezu weltweit dieses Stück Polyethylen. Obwohl ökologische Erwägungen den Siegeszug der Plastiktüte mittlerweile beendet haben, ist und bleibt sie ein Stück des großen Versprechens, alles haben zu können – man muss nur in den Laden nebenan gehen. Im Bild der farbigen Tasche verfangen sich jedoch auch Assoziationen mit schwelenden Migrationskonflikten in den Vorstädten, ist die Plastiktüte doch insbesondere in Deutschland auch eng mit dem Einkauf im türkischen Supermarkt, an Straßenständen etc. verbunden.
Attia präsentiert in Untitled (Plastic Bags) neun farbige Exemplare dieser (Des-)Illusionsmaschine, die er im Nahen Osten, in Afrika, Süd- und Nordamerika und Europa gesammelt hat. Bevor das Plastik zur Plastik wurde, war es mit primären Rohstoffen oder Grundnahrungsmitteln gefüllt: Ölflaschen, Reis, Mehl, Milchtüten etc. Wieder entfernt, bleibt der Abdruck der Inhalte für eine gewisse Zeit erhalten, verliert sich über die Zeit jedoch mehr und mehr, bis die Taschen im Verlauf der Ausstellung in sich zusammenfallen. Auf ironische Art und Weise nimmt Attia mit dieser Aktualisierung der Vergänglichkeitsmetapher Stellung zur Globalisierung und ihren allzu häufig verdrängten Kehrseiten, zu denen Rohstoffausbeutung genauso zählt wie die Vorstellung eines kulturellen Vorsprungs des Westens gegenüber seinem „Anderen“. Nur als Abdruck, als leere Form hinterlässt etwa der Reis Spuren seiner Identität im globalen Alltagsmaterial Plastiktüte, schlechthin Symbol der kapitalistischen Weltordnung. (KB)

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Untitled (Plastic Bags)
, 2008–2011