ZKM | Museum für Neue Kunst, 17.09.2011 – 05.02.2012
 
Life Worlds and Image Worlds

Welcomcom to Mocmoc-City

 

Beitrag des schweizer Fernsehenders SF1 über MocMoc und die Volksabstimmung in Romanshorn. 10.2.2004. Video, 6:03min.

Das schweizerische Romanshorn am Bodensee hatte ein Identitätsproblem. Es wusste nicht, warum es hieß wie es hieß und warum es ein Horn im Wappen hatte. Also erfand das Künstlerduo Com&Com ein Wahrzeichen und eine Gründungslegende. Das Projekt: Identitätsstiftung mittels sozialer Plastik. Der Eklat: das ,wiedergefundene‘ Stadtmaskottchen Mocmoc ist in den Traditionen der Schweiz ungefähr so verwurzelt wie die Fantasiewesen von Pokémon. Wir sprachen mit Johannes Hedinger, der einen Hälfte des Duos, über globale Bildwelten und lokale Identitäten. 

FS: Mit der vermeintlich im Stadtarchiv gefundenen Legende um das Horn vom Mocmoc und den Fischerbub Roman habt ihr 2003 bei einem Kunst-am-Bau-Wettbewerb in der Bodenseegemeinde Romanshorn (Schweiz) gewonnen. Wenige Monate nach der Einweihung kam es zum Dorfzwist und Referendum. Hat das Mocmoc den Aufruhr in Romanshorn überstanden?

JH: Ja, Mocmoc steht heute noch. Das Dorf hat schließlich bei der Volksabstimmung dafür gestimmt, dass die Statue bleibt - selbst die Gegner haben letztlich eingesehen, dass Mocmoc ein unglaubliches identifikatorisches Potential hat. Das Projekt wächst immer weiter – auch ohne uns. Der Bäcker in Romanshorn produziert Marzipan-Schokomocmöcli und Mocmoc tritt in der Werbung auf - diese Entwicklung hat nichts mehr mit uns zu tun. Romanshorn ist mit Mocmoc mittlerweile wirklich verbunden. 

FS: Wenn von Globalisierung die Rede ist, stehen immer auch Fragen lokaler oder nationaler Identität zur Debatte. Nun sieht man in Mocmoc eher japanische Animes als lokale Tradition. Wie hat Romanshorn auf die Erscheinung seines Wahrzeichens reagiert?

JH: Die MocMoc-Figur ist in ihrer Ästhetik austauschbar mit jeder beliebigen Disney- oder Pokémon-Figur, was für die großbürgerliche Bevölkerung von Romanshorn schon ein Stachel war. Es gab Leute, die sagten, sie hätten lieber einen ,Rosthaufen‘ auf dem Bahnhofsvorplatz gehabt, dann würden sie wenigstens wissen, dass es Kunst ist. Die Ästhetik kommt daher, dass unsere Zielgruppe zuallererst Kinder waren. Die ersten Entwürfe für Mocmoc haben wir Kindern gezeigt und die sagten: ,Es muss aber größere Augen haben‘. Also haben wir die Augen größer gemacht – es muss ja bei der Zielgruppe funktionieren. Letztlich waren es ,marketing-strategische‘ Überlegungen, wie man aus Rezipienten Co-Produzenten macht. Auch der ganze Diskurs, die 300 Zeitungsartikel, die TV-Berichte, Kinderzeichnungen und der Abstimmungskampf, der folgte, sind Teil des Projektes.

FS: Mocmoc ist mittlerweile ein reales Kulturprodukt geworden - es gibt Musicsongs und ein Hörspiel, T-Shirts, zwei Websites, ein wiederkehrendes Kinderfest etc. Welche Rolle spielt das Projekt im Kontext der Arbeit von Com&Com heute?

JH: Mocmoc war insofern ein erster Turning-Point, da es das erste Werk war, in dem Marcus Gossolt und ich selbst nicht mehr selber mitspielten. Durch den umgedrehten Namen sind wir aber immer noch präsent. Die Bewohner von Romanshorn haben erst nach einem halben Jahr gemerkt, dass der Name Mocmoc eigentlich Com&Com rückwärts ist. Nun haben wir da also ein sechs Meter hohes Denkmal, auf dem verdreht unser Name prangt (lacht). Aber auch vor und nach Mocmoc gab es weitere Arbeiten, bei denen es um die Schaffung von Identitätskonstrukten und deren Verhandlung im Lokalen wie globalen geht, das zieht sich eigentlich wie ein Roter Faden durch unser ganzes Oeuvre.

Eigentlich könnte die Geschichte um MocMoc hier zu Ende sein. Das sie das lange nicht war, ist zu sehen The Global Contemporary. Informationen zu Mocmoc Arab und den Abenteurern von Mocmoc & Mermer findet ihr in der Ausstellung und auf der Website von Com&Com.



 

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren