Pong, Elodie »After the Empire« 2008. Video, excerpt, 2:00min. photo © Elodie Pong and Freymond-Guth Fine Arts
Welches Bild kommt Euch beim Stichwort 'Tick, Trick und Track' in den Sinn? Und welcher Trailer, wenn Ihr Euch an 'Star Wars' erinnert? Vermutlich denken wir in etwa an dasselbe. 'Flat World Theory', die Theorie der flachen Welt, nannte Harvard-Professor Theodore Levitt das: durch die globalisierte Ökonomie wird die Welt zum homogenen Raum, in dem unterschiedslos und massenhaft dasselbe produziert und konsumiert wird – eben auch dieselben Bilder.
Ihre Analogie in der Kunst hat Levitts Theorie in der Pop Art der 1960er Jahre. Roy Lichtensteins Comic-Kitsch und Andy Warhols Siebdruck-Ikonen prophezeien den Triumph der Bilderwelt einer kulturindifferenten Pop- und Konsumkultur. Einen etwas anderen Ansatz vertritt Boris Groys: Bilder, schrieb er, sind heute auf der Welt unterwegs wie Touristen. Was das bedeutet, versteht man, wenn man die Videoarbeit After the Empire (2008) der amerikanischen Künstlerin Elodie Pong sieht: Dort tanzt eine asiatische Micky Maus mit sich selbst, Batman und Robin nähern sich in Schweizerdeutsch einander an und ein koksender Pinocchio hört voller Muße die amerikanischen Börsennachrichten.
Dass nicht allein globale Bildwelten lokale Traditionen einebnen, sondern das Lokale sich genauso in den gemeinsamen Bildervorrat einschreibt, erfuhr der Schweizer Künstler Christoph Büchel ebenfalls am Beispiel der Micky Maus. Er traute seinen Augen nicht, als er auf der Website von Palestinian Media Watch ein Video des Hamas Fernsehsenders Al-Aqsa fand, in dem ausgerechnet Disneys Aushängeschild Micky den Dschihad propagierte. Auch Manets The Luncheon on the Grass (1863), van Goghs The Siesta (1889-90) und Millets The Gleaners (1857) wirkten etwas fremd, als die Künstlerin Araya Rasdjarmrearnsooks sie im ländlichen Thailand Bauern zur Interpretation vorlegte. Während ihre Studenten, wie Rasdjarmrearnsooks berichtet, vor Ehrfurcht vor den Meisterwerken kaum mehr in der Lage waren, noch zu sagen, was sie sehen, sahen die Thai-Bauern ganz neue Paralellen: so waren ihnen Millets Bäuerinnen auf dem Feld Grund zur Annahme, man würde eben auch in fremden Ländern Insekten im Boden suchen. Wenn Gegenwartskunst sich der Bilder bedient, die wir alle kennen, dann oft, um uns zu erinnern, dass wir unsere kulturelle Wahrnehmung wie eine Brille benutzen. Dann macht es Sinn zu behaupten, dass Theodore Levitt falsch liegt. Denn wenn sich lokale und globale Bildervorräte spiegeln und verzerren, sehen wir nicht wirklich dasselbe, sondern stehen im Dialog um die Frage Do You See What I See?.