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Yara El-Sherbini at the Christmas Market in Karlsruhe. CLICK IMAGE TO OPEN GALLERY. All images: Joe Miletzki. © ZKM
Die britische Künstlerin Yara El-Sherbini, artist-in-residence, bastelt aus Gebetsteppichen Bombenattrappen und stellt leidenschaftlich gerne unkonventionelle Quizfragen. In Karlsruhe fielen ihr nicht nur die Souvenir-Shops, sondern auch die Döner-Imbiss-Dichte auf. Vergangenen Samstag verkaufte sie das Ergebnis ihrer Arbeit, ein modernisiertes Wetterhäuschen, auf dem Karlsruher Christkindlesmarkt.
FS: Woher kennst Du Schwarzwälder Wetterhäuschen? Ich frage, weil ich sie nicht kannte, bevor ich dein Projekt gesehen habe.
YES: Darf ich fragen, ob Du deutsch bist?
FS: Ja, ich bin deutsch.
YES: Das ist ja interessant! Für Touristen in Deutschland sind Wetterhäuschen, neben Kuckucksuhren, ein typisch deutscher Gegenstand. Für mich repräsentieren diese wunderschönen Alpenhütten, aus denen sich, je nach Wetterbedingungen, ein Mann oder eine Frau herausdreht, eine altmodische und idealisierte deutsche Kultur.
FS: Warum wolltest Du eine ,aktualisierte‘ Version der Häuschen herstellen?
YES: Ich wollte ein Wetterhäuschen bauen , das etwas realistischer ist. Eines, das mehr der Gegenwart entspricht.
FS: Dein Ergebnis ist ein mehrstöckiges Apartmenthaus mit einem Döner-Imbiss im Erdgeschoss. Geht das auf deine Erfahrungen in Karlsruhe zurück?
YES: Es war mir sehr wichtig, dass meine Arbeit darauf Bezug nimmt, dass ich in Deutschland bin. Als ich durch Karlsruhe ging, konnte ich kaum glauben, wie viele Döner-Kebab-Imbisse es hier gibt. Ich habe noch nie so viele auf so kleiner Fläche gesehen. Ich habe dann herausgefunden, dass der Döner von einem türkischen Gastarbeiter in Berlin erfunden wurde und mir gefiel der Gedanke dass diese Läden, schon allein weil es so viele sind, Teil der deutschen Kultur werden.
FS: Welche Rolle spielen Stereotype in deiner Arbeit?
YES: Über Stereotype lassen sich Vorstellungen bestimmter kultureller Kontexte sichtbar machen und sie sind ein einfach zugänglicher Ausgangspunkt für Gespräche. ... Aber ich denke nicht, dass es in der Arbeit um Stereotype geht. Ich habe nach einem humorvollen Ansatz gesucht, um über etwas politisch Relevantes zu sprechen, z.B. über Angela Merkel, die den Multikulturalismus für schlichtweg gescheitert erklärte oder die deutsche Integrationsdebatte.
FS: Warum war es Dir wichtig, die Häuschen auf dem Karlsruher Weihnachtsmarkt zu verkaufen?
YES: Mir gefiel die Idee, dass die Arbeit der Öffentlichkeit gehört, einem lokalen Publikum, das die Häuschen als Weihnachtsgeschenke oder Kitsch-Objekte kauft. Interessiert haben mich die möglichen Debatten, die aus dem verspielt provokativen Moment der Arbeit entstehen könnten – Diskussionen jenseits meines Einflusses, bei den Menschen zuhause. Ich fand, dass gerade der Weihnachtsmarkt ein passender Ort sei, um dieses Objekt deutscher Gegenwartskultur an die Deutschen zurück zu verkaufen.
FS: Wie haben die Weihnachtsmarkt-Besucher reagiert?
YES: Etwa 200 Menschen kamen an unserem Stand vorbei und wollten wissen, was es mit den Häuschen auf sich hat – es gab viel Gekicher. Allein ein älteres Paar fand die Häuschen, glaube ich, etwas ungemütlich. Dann gab es eine Frau fragte: „Ist das eine politisch korrekte Darstellung Deutschlands?“, wozu ich sagte, „Nein, aber eine durchaus zeitgemäße.“
Fragen von Frauke Schnoor. Mehr Informationen zu Yara El-Sherbini sind zu finden auf ihrer Künstlerseite und auf ihrer Website.