ZKM | Museum für Neue Kunst, 17.09.2011 – 05.02.2012
 
Life Worlds and Image Worlds

Everything Counts

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Mattias Olofsson »Culture Constructing Nature« 2005

Ein Beitrag von Jacob Birken

Seit der Moderne ist oft gesagt worden, dass die Bildende Kunst nach ihrer Loslösung von Hof und Kirche ihre Repräsentationsfunktion verloren hat; dass sie nicht mehr der Darstellung der Mächtigen und der Vermittlung ihres Weltbilds dient, sondern schließlich und endlich für sich steht – L'art pour l'art, eben. Natürlich ist dies nicht so einfach, und gerade die zeitgenössische Kunst könnte sehr wohl als Repräsentation des herrschenden Systems gesehen werden – in unserem Fall also einer durch den Markt geprägten Demokratie.

Zum Wesen von Markt und Demokratie gehört das Zählen, und zumindest innerhalb der Demokratie bedeutet Gerechtigkeit, dass beim Zählen niemand ausgelassen wird. Dieser Gedanke rückt auch bei der kuratorischen Arbeit in den Vordergrund, wenn eine Ausstellung ein umfassendes Bild einer Kunstszene – oder gar, wie die unsere, dasjenige von Kunstwelten im Plural – vermitteln soll. Während der Arbeit an The Global Contemporary fragte ich mich jedoch zunehmend, ob der Modus der „Repräsentation“ in der Kunst nicht als Maßstab, sondern als Problem behandelt werden sollte. Nach welchen Kriterien können wir bestimmen, wer stellvertretend für wen stehen kann? Die Kriterien, die gerne hierfür herangezogen werden, entpuppen sich schnell als vereinfacht und bisweilen reaktionär, wie beispielsweise die Frage nach der nationalen Zugehörigkeit oder dem Geburtsort. Wie ist das Konzept einer Stellvertreterschaft überhaupt zu verstehen? Dass ein Exponat „repräsentativ“ für die künstlerische Produktion einer Region oder Szene stehen soll, bedeutet, dass dessen Autor oder Autorin plötzlich zum „Sprachrohr“ für andere wird, ohne dass dies der eigentliche Anspruch der Arbeit ist.

Die Machtverhältnisse, die sich durch diese Idee vom Repräsentativen hinterrücks einschleichen, werden in der Kunst selbst glücklicherweise gehörig erschüttert. Wenn in den Xijing Olympics der utopische Ort „Xijing“ als ein friedlich-humoriger Gegenpol zu den sich ansonsten nicht gerade wohlgesonnenen Heimatländern der drei Künstler gefeiert wird, wird so nebenbei die Absurdität identitätsstiftender Ereignisse – wie eben internationaler Sportveranstaltungen – sichtbar.  In Mattias Olofsson Serie zur  ,großen Stina‘, einer im 19. Jh zur Zirkusattraktion degradierten Lappländerin, werden wir hingegen mit der Einsicht konfrontiert, dass Ausgrenzung auf Basis von regionalen Zugehörigkeiten oder eines binären Geschlechtermodells nicht allein als historisches Phänomen diskutiert werden darf.

Kunstwelten im Plural bedeutet für mich, dass wir uns einer Aufteilung der Welt in unumstössliche Identitäten und deren eindeutige Repräsentationen verweigern – und geht mit der Hoffnung einher, dass die Besuchenden dieser Ausstellung sie nicht als „beglaubigtes“ Abbild der zeitgenössischen Kunstproduktion verstehen, sondern als Ausschnitt aus einer Gegenwart, die in ihrer jeweils eigenen Ausprägung selbstverständlich auch an allen anderen Orten stattfindet.



 

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