Yto Barrada »TECTONIC«, 2004/2010, Wooden model with movable continents. Installation view. Picture: © Yto Barrada
Wann haben wir angefangen, Kunst als 'zeitgenössisch‘ zu bezeichnen? Nachdem die moderne Kunst aufhörte, zeitgenössisch zu sein? Und wann wird das Zeitgenössische historisch? Im 20. Jahrhundert basierte unser Verständnis von Kunst auf einer Idee der Kunstgeschichte, die es erlaubte, Werke einer linearen Zeitleiste von Formen und Stilen zuzuordnen: Jedes Kunstwerk verwies auf einen ganz bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte, konnte als Reaktion oder in Opposition zum bereits etablierten verstanden werden. Nun wird man schnell merken, dass dieses Verständnis von Kunst für das Verständnis der zeitgenössischen Kunst nicht mehr sonderlich hilfreich ist. Wollen wir nun etwas Paradoxem wie der „Geschichte des Zeitgenössischen“ auf den Grund gehen, dann finden wir uns in den 80er Jahren wieder und zwar in jener Zeit, in der der Begriff 'Globalisierung' zum allgemeinen Schlagwort wurde.
Parallel zu den paradigmatischen globalen Veränderungen von 1989 sah sich die im Westen zentrierte Kunstwelt mit der zunehmenden Sichtbarkeit zeitgenössischer Künstler konfrontiert, die außerhalb der europäisch-amerikanischen Hemisphäre lebten und produzierten. Sah sich die westliche Kunstwelt damals nicht nur als die 'erste Welt' unter den Kunstwelten, sondern als die einzige, so führte diese neue Gegenwart diverser gleichzeitiger Kunstwelten, die sich nicht unter die Begriffe der abendländischen Kunstgeschichte subsumieren ließen, zu einer Krise des etablierten Kunstbegriffs: Könnte es sein, dass man von ,Moderne‘ im Plural sprechen müsste? Dass da mehr war, als nur eine Avantgarde? Kunst wurde 'zeitgenössisch' in dem Moment, in dem die Logik ihrer Geschichte durch eine Vielfalt konkurrierender Kunstgeschichten in Frage gestellt wurde, in dem Moment, in dem ihre 'universellen‘ Formen im Spiegel der Bildwelten der ,Anderen‘ plötzlich erstaunlich ,lokal‘ erschienen. Doch impliziert der Begriff des Zeitgenössischen dann, dass wir einen Idealzustand erreicht haben, ein 'Ende der Geschichte'? Eine globale Kunstwelt, in der es kein Zentrum mehr gibt und keine Peripherie? Und wenn es eine Geschichte des Zeitgenössischen gibt, an wem ist es dann, diese zu schreiben?